W124 – E220 Cabrio M111 – unruhiger Leerlauf, eine Odyssee

Unruhiger Leerlauf, Drehzahl schwankt zwischen 350 und 1500 Umdrehungen, Motor geht im Stand aus, während der Fahrt verliert er an Gas,  dann läuft er viele Kilometer wieder ohne Probleme. An manchen Tagen ist es sehr heftig und das Phänomen wiederholt sich regelmässig, dann läuft er wochenlang ohne ein Stottern. Da fällt es nicht leicht einen Übeltäter zu identifizieren. Schaut man in die einschlägigen Foren, so stellt man schnell fest, dass man mit diesem Problem nicht alleine steht. Es wird viel diskutiert und die meisten Antworten befassen sich mit Lösungsvorschlägen in den Bereichen „Falsch- bzw. Nebenluft“ und „Fehlerhafte Elektrik“.

Ich möchte hier versuchen mal alle möglichen Ursachen aufzulisten und meine Erfahrung auf dem langen Weg der Fehlersuche schildern.


Mögliche Ursachen

(ist bestimmt nicht vollständig)

Luft

  • alle Unterdruckschläuche, kleinste Undichtigkeiten können die Umdrehungszahl des Motors negativ beeinflussen, vor allem die Ansaugleitungen prüfen
  • Kurbelgehäuseentlüftung, bzw. Teillast-Entlüftung in den Ansaugtrakt, diese liegt schlecht einsehbar unter dem Ansaugkrümmer, diese Leitungen sind nach 20 Jahren knochenhart und brechen leicht.
  • Regenerierventil (Taktventil/MOT) auf Funktion prüfen. Läuft der Motor im Stand unruhig, kurz den Schlauch an der Ausgangsseite, welche zur Drosselklappe führt, abnehmen und zuhalten. Läuft dann der Motor ruhig, kann das Ventil einen defekt haben, oder durch den davor befindlichen Aktivkohlefilter verunreinigt sein. Dann das Ventil mal ausbauen, kommen einem kleine Aktivkohlestückchen entgegen ist der Filter defekt. Dieser befindet sich im linken vorderen Radkasten, hinter der Plastikblende.
    Zur schnellen Abhilfe kann man einen Benzinfilter zwischen klemmen und das Ventil mit Benzinreiniger mal durchsprühen. Hier mehr über die Funktion.

Elektrik

  • alle elektrischen Leitungen überprüfen (gesamten Motorkabelbaum)
    – Sichtprüfung auf defekte oder poröse Leitungen
    – Steckerverbindungen prüfen, ggf. mal leicht an den Leitungen am Stecker und Stecker wackeln
  • Sichtprüfung im Sicherungskasten und ggf. mal die Sicherungen abnehmen und Kontakte reinigen
  • Überspannungschutzsrelais prüfen. Der Stecker liegt hinter der Batterie, hinter der Plastikblende neben den Kabelbaumanschlüssen. Das Relais korrodiert schon mal und kann durch die Kurzschlussbildung den Motorlauf negativ beeinflussen.
  • Motorkabelbaum. Die Leitungen im Kabelbaum können porös oder brüchig sein und auch Kurzschlüsse erzeugen. Hier hilft entweder nur der Austausch gegen einen Neuen, dann am besten direkt mit haltbareren  Silikonleitungen, oder das mühselige auffrimmeln und die Leitungen überprüfen.

Sensoren

  • Lambdasonde
    Wenn die Lambdasonde defekt sein sollte, können folgende Symptome auftreten:
    – reduzierte Motorleistung
    – schlechter Durchzug beim Beschleunigen
    – Motorruckeln, Verbrennungsaussetzer
    – hoher Kraftstoffverbrauch
    – hohe Abgasemissionen
    – Auspuffqualm
  • Luftmassenmesser
    Wenn der Luftmassenmesser defekt sein sollte, können folgende Symptome auftreten:
    – Motorleistung fällt ab oder schwankt spürbar bei niedrigen Drehzahlen
    – Höchstgeschwindigkeit kann nicht erreicht werden
    – Verzögerte Gasannahme und Leistungslöcher
    – Ruckeln des Fahrzeuges
    – Ausfall der Kick-down-Funktion beim Automatikgetriebe
    – Höherer Spritverbrauch
    – Schlechte Abgaswerte
  • Ansauglufttemperatur
    Wenn der Ansauglufttemperatursensor defekt sein sollte, können folgende Symptome auftreten:
    – Startprobleme
    – Geringere Motorleistung
    – Erhöhter Kraftstoffverbrauch

Drosselklappe
Wenn die Drosselklappe defekt sein sollte, können folgende Symptome auftreten:

– Drehzahlschwankungen im Leerlauf
– ein langsames  absinken der Motordrehzahl, bei  Gaswegnahme
– eine reduzierte Motorleistung bei erhöhtem Kraftstoffverbrauch
– eine ruckelnde Fahrweise und Ruckeln beim Beschleunigen

Die Drosselklappe kann man zuerst mal einer schnellen Sichtprüfung unterziehen und schauen, ob sie ggf. nur verdreckt ist. Zum Reinigen würde ich sie ausbauen und mit Benzin und einem nicht haarenden Pinsel dann vorsichtig reinigen.

Auch kann das Kabel zur Drosselklappe defekt oder porös sein und einen Kurzschluss erzeugen.
Und der Leerlauf-Mikroschalter an der Drosselklappe könnte einen Defekt haben.

Ggf. hilft auch ein erneutes Anlernen der Drosselklappe. Dafür die Zündung 90 Sekunden einschalten, so dass alle Lämpchen leuchten und dann Starten.
(So mache ich es bei meinem M111, E220, hoffe das ist richtig)

Motorsteuergerät
Wenn das Steuergerät defekt sein sollte, können folgende Symptome auftreten:

– Plötzlich und dauerhaft aufleuchtende Kontrolllampen im Armaturenbrett
– Der Kraftstoffverbrauch steigt ohne erkennbare Ursache an
– Der Motor läuft hörbar nicht rund, hat Aussetzer und bringt nicht die gewohnte Leistung
– Der Wagen startet ab und zu nicht, läuft im nächsten Moment aber wieder normal
– Der Motor geht vereinzelt von allein aus


Weitere Fehlerdiagnose

Die Liste der potentiellen Fehler ist nicht gerade klein und wenn man alle einfachen Möglichkeiten, wie undichte Schläuche, defekte Elektrik, defekter Aktivkohlefilter und Regenierventil ausschliessen kann, folgt eine etwas aufwendigere Fehlersuche. Ob die Sensoren, die Drosselklappe, das Steuergerät und weitere Dinge defekt sind, lässt sich ggf.
– durch Ausblinken des Fehlerspeichers
– durchführen einen HFM Scans
– durchmessen der Sensoren oder zuletzt nur durch
– Austausch der Teile
herausfinden. Letzteres kann natürlich auch schnell teuer werden.

Das Ausblinken ist recht einfach, liefert aber ggf. nicht eindeutige Ergebnisse. Sicherer ist hier der HFM Scan. Unter den folgenden Links wird detailliert erklärt, wie das mit dem Ausblinken und dem HFSM Scan funktioniert:


Tipp zur Vorgehensweise bei der Fehlersuche
(nur Aufgrund meiner eigenen Erfahrungen)

  1. Alle luftführenden Leitungen überprüfen, fehlende und defekte Leitungen erneuern.
    Auch Leitungen zu der Rücklehnenentriegelung nicht vergessen
  2. Alle elektrischen Leitungen und Stecker überprüfen, defekte Leitungen erneuern, schlechte Kontakte neu löten oder Anschlüsse reinigen.
    Auch die Kontakte im Sicherungskasten und die Anschlüsse hinter der Batterie nicht vergessen.

    (Diese ersten beiden Punkte würde ich unabhängig von der Problemstellung überprüfen.)

  3. Regenierventil auf Funktion prüfen, am besten mal ausbauen und schauen, ob sich Kohlestückchen im Ventil oder in der Leitung befinden. Ggf. Aktivkohlefilter erneuern und Ventil reinigen.
  4. Drosselklappe neu anlernen.
  5. Wenn bis jetzt nichts geholfen hat, dann am besten einen der Scans durchführen und hoffen, dass die Diagnose einen potentiellen Fehler findet und entsprechend die Fehler beheben. Wenn man keinen Scan macht, kann man natürlich anhand der zutreffendsten Symptome beginnen, die entsprechenden Teile auszutauschen. Auch kann man mit dem günstigsten Teil beginnen und sich bis zum Steuergerät vorarbeiten. Beides kann am Ende teuer und frustrierend sein.


Informative Links


Meine Erfahrung

Ich muss vorweg sagen, dass der W124 das modernste Auto ist, welches ich besitze. Meine Heckflossen haben diesen ganzen Schnickschnack  nicht und eine Fehlerdiagnose ist überschaubar einfach.
Als der Wagen das erste mal im Leerlauf einfach ausging, war ich verwundert, als er es dann immer häufiger Tat, besorgt und als er kein Gas mehr während der Fahrt annahm, musste ich handeln. Also das Forum bemüht und war dann doch recht erstaunt, wie häufig dieses Thema diskutiert wird. Anhand der vielen Beiträge habe ich natürlich mal alles oberflächlich kontrolliert, aber bei weitem nicht alles gesehen. Ich habe dann in der Hoffnung den Fehler schnell zu beseitigen völlig falsch begonnen.
Zuerst das Überspannungsrelais getauscht. Es sah zwar nicht defekt aus, aber nachdem ich die Batterie wieder angeklemmt hatte und die Drosselklappe angelernt, lief der Wagen über 3 Wochen richtig gut, hatte Gedacht, das ich den Fehler behoben habe. Dann fing es wieder an. Auf einmal stellte ich fest, dass ich Öl im Wasser habe und wechselte die Zylinderkopfdichtung. Bei den Arbeiten wurde festgestellt, dass sämtliche Schläuche unter der Ansaugbrücke gebrochen waren und teils fehlten. Auch andere Leitungen waren schadhaft. Ich dachte, das wars und nachdem alles wieder anständig repariert war und viele Teile erneuert wurden hoffte ich, dass das Problem nun gelöst sei. Aber das war es leider nicht. Dann habe ich günstig eine überholte Drosselklappe mit neuen Silikonleitungen eingebaut und der Wagen lief wieder ein paar Wochen super, aber leider nicht dauerhaft. Dann hatte ich den Motorkabelbaum in Verdacht und getauscht, gleiches Phänomen. Erst dann habe ich mich intensiv mit dem Aufbau des Motors und der Steuerung beschäftig und sukzessive alle Leitungen geprüft. Nachdem ich dann die Leitungen vom Regenierventil (MOT) abzog,  staunte ich nicht schlecht, als mir die Kohlestückchen entgegen kamen. Bis dahin wusste ich gar nicht, welche Funktion das Ventil überhaupt hat und das der Wagen über einen Aktivkohlefilter verfügt, der sich in meinem Fall in seine Bestandteile zerlegte. Ja, wenn man weiss wonach man sucht, dann findet man die Beiträge dazu auch in den Foren.

  • 28.10.2018: Zur schnellen Abhilfe einen Benzinvorfilter eingesetzt, das Ventil gereinigt und bis jetzt läuft er gut.
  • 13.11.2018: Soll es das gewesen sein? Waren die anderen Schritte unnötig und das wochenlange Ausbleiben des Fehlers nur Zufall?
    Ich kann es fast nicht glauben und werde berichten.
  • 15.11.2918: Na, das hat diesmal nicht lange gedauert. Nachdem ich den Aktivkohlefilter erneuert und alle Leitungen und das Ventil noch mal geprüft habe, las ich den Fehlerspeicher aus und erhielt den Fehlercode 4, Luftmassenmesser. Fehler gelöscht und Wagen mal angemacht und prompt stotterte er sich im Leerlauf wieder aus. Nochmal den Fehler ausgeblinkt und wieder Fehler 4. Das noch 2-mal wiederholt und immer das gleiche Problem. Glücklicherweise hatte ich mir den Sensor schon als Ersatzteil zurückgelegt und direkt gewechselt. Danach wieder ausgeblinkt und diesmal wurde kein Fehler mehr angezeigt, auch nach einigen Kilometer bislang keine Fehler mehr im Speicher.
    Jetzt bin ich mal gespannt.


Regenerierventil und Aktivkohlefilter

Luftmassenmesser & Überspannungsrelais

Falls es weitere Fehlermöglichkeiten gibt, die ich hier noch nicht erwänt habe, lasst es mich Wissen, ich ergänze dann den Beitrag.

 

 

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